Prag (Tag 12 – 15)

Je mehr man erlebt, desto weniger Zeit hat man, all das aufzuschreiben. Ich hoffe, meinen Reisebericht in den naechsten Tage etwas ausfuehrlicher gestalten zu koennen. Vorab schonmal ein paar Bilder.

Mein mp3-Player bietet mir die Moeglichkeit, Audioaufnahmen in bescheidener Qualitaet zu machen. Auf vielfaeltige Nachfrage habe ich eine Aufnahme aus der Metro in Prag gemacht. Die werte Dame sagt wohl irgendwas in Richtung “Zuruecktreten bitte”.

Die zweite Aufnahme ist vom Bahngleis  in Prag und erklaert irgendwas zu den Zuegen. Ich finde es unglaublich interessant, wie unterschiedlich die einzelnen Sprachen klingen.

Wenn irgendjemand die beiden Banalitaeten uebersetzen kann, nur zu!

Sie hoerten: Tschechisch.

Die kleine Fabel

„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ — „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und schnappte nach der Maus. Diese hatte sich jedoch schon umgedreht und war aus dem Haus  gerannt.  (frei irgendwie anders erzaehlt als Kafka)

Dresden (Tag 9-11)

Dresden ist wohl ohne Übertreibung die schönste Stadt Deutschlands. Auf der einen Seite gibt es eine unglaubliche Barockarchitektur, auf der anderen Seite mit der Neustadt ein buntes, lebendiges Szene-Viertel.

Samstag bin ich den kompletten Tag herumgelaufen. Von der Neustadt in die Altstadt, dort kreuz und quer, Schloss, Kathedrale, Semperoper, Johanneum, Frauenkirche, Kreuzkirche, Zwinger und wieder zurück in die Neustadt. Am Abend habe ich mir ein Konzert in der Frauenkirche gegönnt: Bachs Messe in h-Moll, der durch meinen selbsttätigen Sitzplatz-Upgrade zu einem wunderbaren Erlebnis wurde.

Street Art Neustadt

(Hier kommen noch ein paar bereits hochgeladene Fotos hin, wenn ich an einem Rechner sitze, der nicht mit Win ME betrieben wird. Arghhh.)

Über das Atmen – Leipzig (Tag 8)

Aufstehen, raus, Halle ansehen. Feuerzeugbenzin stinkt aus meiner Tasche. Dann Ausflug nach Leipzig. Auf dem Weg höre ich Grönemeyers „Mensch“-Album. Gefühl von Einsamkeit, graue Wolken, Tristesse. Aber der Zug fährt vorwärts, Neuem entgegen. „Dreh dich um / dreh dich um / dreh dein Kreuz in den Sturm / Geh gelöst, versöhnt, bestärkt / selbstbefreit auf dem Weg zum Meer“ (Zum Meer, Grönemeyer).

In Leipzig laufe ich planlos. Die Nikolaikirche wird zur Erlösung. Ich sitze auf der harten Kirchenbank und atme.

Was Atmen alles ausmacht. Was alles Atem ist. Der erste Schrei. Das tiefe langsame Heben und Senken, die Mutter beim Mittagsschlaf. Atmen. Asthmatisches Röcheln mitten in der Nacht, voll Panik, voll Angst. Hektisches Schnaufen, brennende Lunge auf der Flucht. Pfeifen. Schnarchen. Das stoßhafte Beben, wenn die Hand der Liebsten dir zärtlich über die Seite streicht. Atmen. Ein und Aus. Verzücktes Stöhnen, wenn man fällt, in die Kissen gepresst. Atmen. Rauchgeschwängerte Worte, gegen die Musik geschrien. Der Hauch eines vergänglichen Liebesschwurs an deinem Ohr. Seufzen. Ruckhaftes Schluchzen zwischen fließenden Tränen. Atmen. Bis zu diesem Moment, in dem das letzte Mal die Luft aus dir entweicht und unsichtbar die Seele zum Himmel haucht. Ein und Aus. Geliehene Luft. Ein. Aus. Aus.

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Gereinigt verlasse ich die Kirche, reihe mich wieder in den Strom. Meine Schritte sind verlangsamt. Bedächtiger, wertvoller. Innere Ruhe erfüllt mich.

Am Neuen Rathaus reihen sich Leichenwägen wie Taxen an ihrem Stand. An der Vorderseite verwaschene erodierte Figuren aus grauem Stein. Kaum noch lesbar „ Das Alte stürzt / es ändert sich die Zeit / und neues Leben / blüht aus den Ruinen.“

Berlin – Naturpark Schöneberger Südgelände (Tag 1)

Jedem Berlin-Besucher, der mal ein wenig Ruhe vor der Hektik der Innenstadt braucht, kann ich einen Besuch im Naturpark Schöneberger Südgelände empfehlen. Der Park liegt auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs. Als nach dem Krieg und mit der Berliner Teilung der Güterverkehr zum Erliegen kam, gab man den Bahnhof auf und ließ einfach alles verwildern. In den letzten 50 Jahren hat die Natur sich das meiste bereits zurückgeholt, nur die Gleise und einige kleine Bahnanlagen sind erhalten. Nach der Wende wurden behutsam einige wenige Wege gezogen und ein paar Skulpturen abgestellt, der Park ist aber kaum besucht. Ein idyllischer kleiner Dschungel!

Die Anlage liegt zwischen Südkreuz und S-Bahnstation Priesterweg und kostet theoretisch 1€ Eintritt, den man am Eingang in einen Kasten werfen soll wirft.

Köln – Berlin (Tag 0)

Der Tag des großen Aufbruchs. Um 8:15 steige ich am Kölner Hauptbahnhof in einen vollbesetzten Transporter mit Ziel Berlin. Während vorne in fast südländischer Mentalität über die ganze Strecke auf polnisch diskutiert wird, sagt die Mittelreihe die ganze Fahrt über kein Wort. Ich sitze ganz hinten und unterhalte mich mit Thorsten, einem Berliner Werber mit wilder Arbeitskarriere über Blogging, Piratenpartei, Radfahren, Klettern, Hörspiele, Podcasts und allen mögichen anderen Krempel. Die Nervosität, sowieso von Müdigkeit bleiern überschattet, läßt langsam nach. In Berlin angekommen und in den Massen untergetaucht kommt langsam ein neues Gefühl auf. Endlich, da ist es:  Ich fühle mich frei. Und selbstständig. Ich kann machen, was ich will, wann ich will  und wo ich will. Welt, hier bin ich! (Komm doch rüber, dann sitzen wir zusammen in der Sonne und essen ein Eis).

Ich packe meine Sachen und hab Rückenwind (T-5)

Mein Bruder hat mir dankbarerweise seinen erprobten LoweAlpin Cerro Torre 65 geliehen und mein Vater hat mir seine Wanderschuhe überlassen. Insgesamt komme ich auf ca. 15kg Gepäck. Auf dem Foto fehlen noch meine Haglöfs Spitz Hard-Shell, besagte Wanderschuhe und der mp3-Player. Ansonsten ist das hier alles, womit ich starte.

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Hab ich was vergessen?

Weltreise-Vorgeschichte

Letztes Jahr im Juli/September war eine seltsame Zeit in meinem Leben. Meine damalige Freundin hatte Schluß gemacht und eine Welt war für mich zusammengebrochen. Jenseits des alten Trotts entdeckte ich aber mit einem Mal Seiten an mir, die ich vorher noch nicht kannte. Sport bekam plötzlich einen Stellenwert für mich: Statt mit der Bahn raste ich jetzt mit dem Fahrrad zur Arbeit und in der Kletterhalle spürte ich Muskeln, von deren Existenz ich nichts wußte. Mein Verhältnis zur Natur hat sich ebenfalls grundlegend verändert: Während man mich zuvor eigentlich ein Leben lang mit einem Computer, Internet und genügend Filmen einsperren hätte können, war es mir jetzt auf einmal wichtig, frische Luft zu atmen, das Wetter zu spüren, am Rhein zu spazieren und Waldluft zu riechen. Im Spanienurlaub letzten September wagte ich meine ersten kleinen Abenteuer: Ich kletterte in alte verfallene Minenstollen und quälte mich in kurzen Hosen durch kilometerlange Dornengestrüppe. Und es fühlte sich blendend an! Irgendwann zu dieser Zeit erwachte der Wunsch mal rauszukommen, einmal wirklich alles hinter mir zu lassen, mal wieder von einem Tag in den anderen zu leben. Schluss mit dem täglichen, wöchentlichen Trott mit viel zu viel Arbeit und viel zu wenig Selbsterfahrung. Die Idee für meine Weltreise war geboren.

Und jetzt ist es so weit. Nächste Woche bin ich weg! Ein Zwischenmieter ist gefunden, ich bin durchgeimpft, habe Globetrotter leergekauft, meinen Rucksack gepackt, meine Kreditkarte kreditiert, briefgewählt und mich bei fast allen verabschiedet. Ich werde (erstmal) alleine reisen und ohne irgendwelche Tickets einfach aufbrechen. Die grobe Route sieht folgendermaßen aus: Berlin-Dresden-Halle-Prag-München-Wien-Jugoslawien-Griechenland-Istanbul-Wandern in der Südtürkei-Jordanien-Nepal-Thailand-Kochkurs in Vietnam-Indonesien-Südsee-Peru-nach Hause. Ich werde versuchen, von unterwegs zu bloggen und von Zeit zu Zeit mal per Handy einen Tweet abzusetzen.

Leben, ich komme!