Ein König in Frankreich – Streik

Anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der Unterzeichnung der Elysée-Verträge möchte ich hier eine kleine Serie beginnen, die sich mit meinen Erfahrungen im französischen (um genau zu sein: elsässischen) Exil beschäftigt. Wie bei allen großartigen Ideen, bin ich natürlich nicht der Erste, der sich zum Thema deutsch-französische Unterschiede äußert. Inspiriert hat mich die Sendung Karambolage des fantastischen Senders ARTE, dessen Hauptsitz sich übrigens auch in Straßburg befindet.

Starten möchte ich mit einem kleinen Artikel über Streiks. Während in Deutschland ein Streik immer etwas dramatisches ist, ist in Frankreich ein Streik quasi Alltag. Fahren bei uns für 2 Stunden die Züge nicht, weil sich eine Gewerkschaft gegen die schreienden Ungerechtigkeiten der Arbeitgeber nicht mehr anders zu helfen weiß, jammern gleich alle, seufzen tief und organisieren Fahrgemeinschaften um zur Arbeit zu kommen. Hier in Frankreich streikt man schon wegen Kleinigkeiten und alle nehmen das meist achselzuckend hin. “In Frankreich zeigen die Nachrichten schon nicht mehr, wenn jemand streikt. Sie zeigen, wenn jemand mal arbeitet.” beschreibt der Kabarettist Emmanuel Peterfalvi, bekannt als Reporter “Alfons” die Situation in einem Interview.

Neulich gab es mal wieder so einen Streik. Und zwar, ja wirklich: Im Radio! Und zwar im öffentlich-rechtlichen Sender “France Inter“, dem drittgrößten französichen Radiosender. 6 Tage lang gab es einfach nur unmoderiert Musik. Aufgefallen ist mir das mit dem Streik überhaupt erst, als aus der Küche ungefähr 5 mal hintereinander der gleiche Song zu hören war. Als ich meinen Mitbewohner aufforderte, doch endlich eine andere CD reinzulegen, kam von ihm nur: “Ist keine CD, ist Streik.”

Was war Schreckliches passiert, dass so etwas Elementares, wie das Radio stillgelegt wurde? 2 Techniker sollten versetzt werden. Zusammen mit einer Neuordnung des Arbeitsplanes (das nächtliche Programm von France Inter ist seit kurzem nicht mehr live) wären so nach Angaben der technischen Direktion des Senders insgesamt 4 (in Buchstaben: vier) Arbeitsplätze weggefallen! Die fast einwöchige Radioblockade hat ihren Zweck aber offenbar erreicht: Ab Samstag, den 12. Januar und nach zähen Verhandlungen lief dann plötzlich wieder das normale Programm.