Istanbul – Bayram Kurdun

Verarbeitungskette

Disclaimer: Wer schwache Nerven hat, sollte die folgende Schilderungen vielleicht besser nicht lesen.

Weitere Fotos finden sich auf http://www.flickr.com/photos/derkoenig/

Am ersten Tag des muslimischen Opferfestes Bayram Kurdun mache ich mich frueh auf den Weg, um etwas von den Festlichkeiten mitzubekommen. Die Tradition will es, dass anlaesslich dieses viertaegigen Festes, Schafe, Ziegen und Kuehe geschlachtet werden und ein Teil des Fleisches den Armen zugute kommt. Der Ursprung dieses Brauches geht auf Abraham, der auch in der muslimischen Religion verehrt wird.

Da inzwischen das Schlachten auf offener Strasse verboten ist, gehen wir in das aermere kurdische Viertel der Stadt, noerdlich von Istiklar, der immer lebendigen Flaniermeile. Eine andere Welt. Abseits von den Touristenstroemen in Sultanhamet und der Taksim-Gegend herrscht hier ein ganz anderer Flair. Massenhaft Kinder spielen in den dreckigen Strassen, ueberall ueber die Strassen haengen Waescheleine, junge Maenner haengen gelangweilt herum oder stehen vor ihren Geschaeften. Wir biegen um eine Ecke und da ist er, unser erster Kontakt mit dem Brauchtum. Eine Gruppe Frauen zerlegt einige frisch geschlachtete Ziegen. Die eine entleert den Darm, die andere haeutet eine andere Ziege, eine dritte hackt einer weiteren gerade den Kopf ab. Blut fliesst ueber die Strasse. Ein abgeschlagener Kopf liegt wie weggeworfen auf der Tuerschwelle. Als die Maenner uns Fleisch verkaufen wollen und zu aufdringlich werden, ziehen wir weiter.

 

Im anderen kurdischen Stadtteil jenseits der Atatuerk-Bruecke ist das Opferfest noch viel deutlicher zu spueren. Ueberall werden lebende Schafe und Kuehe verkauft. Normale Teestuben werden zu Staellen umfunktioniert. Immer wieder trifft man auf Leute, die grosse Plastiktueten voller Fleisch nach Hause schleppen.

In einer Nebenstrasse sehen wir im Hof einer Autowaescherei eine angebundene Kuh. Eine Gruppe Maenner steht erwartungsvoll um sie herum. Als wir interessiert stehenbleiben, wird das Tor geschlossen. Man will aber nicht unhoeflich sein und fragt uns, ob wir die Schlachtung sehen wollen. Nach einem kurzen Zoegern betreten wir den Hof. Hinter uns schliesst sich die metallne Tuer. Der bullige Schlachter, blutverschmiert,  Gummistiefeln, zwei Messer in einer hoelzernen Scheide isst ruhig sein Kebapsandwich zu Ende. Gespanntes Warten. Auch die anderen scheinen ein wenig nervoes. Die Kuh spuert die Spannung, scharrt mit den Hufen, bruellt immer wieder und versucht sich loszureissen. Rechts von ihm an der Wand liegen schon die abgetrennten Hufe seiner Vorgaenger. Der Schlachter hat aufgegessen. Es geht los. Er und sein Gehilfe faedeln ein Seil durch die Schlaufen an den Beinen des Tieres und muessen dabei immer wieder vor dessen verzweifelten Tritten zurueckweichen. Ihre Augen werden mit einem Tuch bedeckt. Dann wird das Seil zugeworfen, die Kuh stuerzt zur Seite und blitzschnell stuerzen sich mehrere Maenner auf sie und halten sie am Boden. Jetzt schreit sie nicht mehr. Die Nervositaet der Maenner um uns steigt. Dann beginnen alle laut zu beten. Allah, allah, allah… Spannung in der Luft durch das Gebet zu einer Art Trance gesteigert. Der Schlachter setzt das Messer an und in einigen schnellen kraeftigen Schnitten schlitzt er den Hals der Kuh tief auf. Blut spritzt gegen die Wand. Warme rote Bruehe laeuft in die Kanalisation. Die Kuh roechelt. Jeder Atemzug ein tiefes Schnaufen, ein Fauchen, das feucht aus der offenen Kehle des Tieres dringt. Blut im Takt des Pulses.  Langsam weichen die Maenner zurueck und beobachten still das blutende Tier. Schnaufen. Nach einiger Zeit wird die Augenbinde abgenommen und die Kuh versucht mit schwaecher werdenden Kraeften aufzustehen, sie dreht den Kopf, baeumt sich auf, die Kehle 10cm tief aufgeschnitten und weit auseinanderklaffend. Wir gehen.

Rituelle Schlachtung